Sonntag, 20. Januar 2013

Ivo Lutions Eindrücke

Ivo Lutions Eindrücke im Notiz-Blog: Wohin mit den Eindrücken? Und wie sie ausdrücken? Eine Frage, die immer wieder auftaucht, sich aber nicht beantworten lässt. Der Drang, die Eindrücke, die das Leben füllen, festzuhalten ist neben dem Fortpflanzungs-Bedürfnis der wohl am meisten ausgeprägte. Was soll festgehalten werden und warum? Z. B. Liebeserklärungen. Unsere Vorfahren im Steinalter hätten sie ja gern an ihre Höhlenwände gemalt, doch dafür fehlte ihnen der Kunstunterricht. Folglich blieben sie ursprünglich und gewannen die ersehnte Frau durch lautes Grunzen – auch heute noch eine beliebte Methode. Künstlerisch lebensnahe Installationen unter dem Bärenfell sind archäologisch nicht nachzuweisen. Aushöhlungen (sogenannte Schalen-Vertiefungen) auf nordischen Felsensteinen jedoch dokumentieren, dass Liebesversprechungen und Schwüre schon sehr früh geäußert wurden – zwei verschieden große Vertiefungen eng nebeneinander weisen darauf hin. Ein paar Jahre oder Jahrhunderte später wurden derartige Beteuerungen auch schon mal per Keilschrift in eine Baumrinde gehauen. Im Frühzeitlichen Museum von Altebertal (Mittwochs von 6-9 Uhr morgens geöffnet, oder den Pastor fragen) befindet sich ein besonders seltener Fund: Eine versteinerte Baumrinde, auf der folgende (rätogermanische) Inschrift besagt: Grok(männlich) und Kuv(weiblich) immer/ bis der große weiße Bär uns holt (Übersetzung aus dem Netz). Später im Mittelalter darf vermutet werden, dass Mönche auch gern mehr mitgeteilt hätten als sie durften, aber es fehlte ihnen nicht nur an Ansprechpartner/innen, sondern auch an Papier und Buntstiften (besonders die damals sehr gefragten Farben Rot und Blau). Erst in der Ritterlyrik vermochte man… aber warum fragen wir Ritter Kürenberger nicht selbst?
Ivo Lution (IL): Du bist min, Ich bin din: des solt du gewis sin. So beginnen Sie, Herr Kürenberger, Ihren Liebeserklärungsversuch für eine Dame. Wer war die Frau und warum gerade die?
Ritter: Das fragen Sie mich jetzt, gut und gern 850 Jahre später? Aber ich glaube es war Helena von Bingel, eine nicht ganz zuverlässige Schweizerin. Die hat mich fast um den Verstand gebracht.
IL: Das muss sie wohl getan haben, denn Sie schreiben weiter: du bist beslozzen/in minem herzen, verlorn ist daz slüzzelin: du muost immer darinne sin. Eine ungewöhnliche Gefühlsregung für Ihre Zeit.
Ritter: Gar nicht. Wie meine Poesie im Ganzen werden auch diese Zeilen ständig falsch interpretiert. Ich musste Helena irgendwie vorsichtig klarmachen, dass der Schlüssel für ihren Keuschheitsgürtel verschüttgegangen war. Sie nahm das damals ziemlich ungnädig auf. Ihre biologische Uhr stand kurz vor zwölf.
IL: Eine letzte Frage: Wie würden Sie heute Ihre Liebe erklären?
Ritter: Ohne Rüstung ist ja alles nicht mehr so vielschichtig. Und mit den neuen Verhütungsmethoden heute, da kann man viel erzählen. Nur singen würde ich es nicht mehr. Aber was hat man nicht alles getan…
IL: Herr Kürenberger, ich danke Ihnen für diesen kleinen Einblick in unsere Evolution.

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