Donnerstag, 12. Dezember 2013

Ivo Lution No 7

Ivo Lution 7 Vor der Lepra-Kuhle steht jetzt ein neuer Türwächter. Den alten hatte Ben Hur gut im Griff, doch der neue will ständig mit ihm diskutieren. Die einleitende Frage ist jedes Mal die gleiche: „Glaubst Du, ich stehe hier zum Spaß? Wir sind doch alle Teil des Ganzen. Warum soll ich ausgerechnet bei Dir eine Ausnahme machen? Und was willst Du heute hineinbringen? Wasser, wie ich sehe. Frisches Wasser in Zweiliter-Plastiktflaschen für die Unreinen! Das ist doch der reinste Hohn. Also, wie heißen Deine Verwandten noch? Mutter Hur..und? Esther. Gut. Die Esther muss vor der Krankheit verdammt gut ausgesehen haben, das lässt sich sogar in ihrem gegenwärtigen Zustand noch gut erkennen. Aber Du kannst nur auf eines dieser heilenden Gewitter hoffen, die zur Zeit und Unzeit auftauchen. Danach würde ich mich gern mal ein wenig um sie kümmern. Keimfreies Wasser, welch ein Luxus. Du hättest nicht zufällig ein kleines Fläschchen für mich dabei? Ich könnte mich beim Trinken dann kurz umdrehen uns so tun, als ob ich Dich nicht gesehen hätte. Leider, Du hast ja recht, die Korruption in diesem Lande gleicht wirklich einer Seuche. So was ist kulturbedingt, dagegen kann man als einfacher Beamter nichts unternehmen. Zumal ich gerne lese, Du hast nicht zufällig ein gutes Buch dabei? Aber bitte keines über die Hölle der Fremdenlegion oder etwa einen Sozialporno wie Meine Jahre in germanischen Salzbergwerken von Peter Tacitus. Ich kann Dir sagen: wenn ich den Namen Peter überhaupt höre. Du heißt doch nicht etwa auch Peter, Peter Ben Hur? Dann würde ich Dich sofort auf der Flucht erschlagen. Ich hatte bis vor kurzem einen Kollegen, Peter Nichtsnutzus, der sich von einigen Lepras manchmal den Vorgarten säubern ließ. Von wegen Heilkräuter pflücken. Peter bezahlte sie auch nicht. Daher wird er wohl jetzt auch irgendwo unten in den Löchern stecken und möchte nicht erkannt werden. Nein, im Vertrauen, der Dienst hier ist so abwechslungsreich nicht, und eine Lektüre würde sich für mich als überaus erquicklich erweisen. Du siehst, meinen Goetherus kann ich wohl, allein mir mangelt es am gedruckten Pergament. Ach, wie sehne ich mich nach dem süßen Nektar der Poesie…“ In diesem Augenblick drückte sich Ben Hur an dem Wächter vorbei und verschwand schnell in einem der Höhleneingänge. Dort im Lepra-Viertel traf er auf seine Schwester Esther, überreichte ihr das Wasser, und im gleichen Augenblick begann es wieder zu gewittern…. 1. Zusatz: Archäologen haben in gewissen Tälern des alten Kanaans vor kurzem Fossilien von Plastikmüll gefunden, die mindestens zweitausend Jahre alt sein könnten. 2. Zusatz: Denjenigen, die gern auch mal andere Szenen aus dem Ben-Hur-Film beschrieben haben möchten, sage ich: Geduld ist die Mutter der Evolution.