Samstag, 8. Dezember 2012

Ivo Lution Notizblog Dezember

Ivo Lutions Notizblog Dezember

Nach der Lesung ist vor der Lesung. Wohl einer der bekanntesten Sätze unseres Gönners Eduard Küneke, zeitweise auch Berater und Agent unzähliger Schriftsteller und Operettenverfasser. Davon später, zuerst zu den Fakten. Wer nicht zur Lesung kam waren: Touristenbusse, die aus Versehen zum Musical „Lion King“ fuhren. Kreuzfahrtschiff-Passagiere, die sich auf St. Pauli in Laufhäusern verirrt hatten. Die Fußballer von St. Pauli selbst, nebst Intellektuellen-Anhang und Gegnern aus Duisburg. Bestsellerlisten-Verfasser, sowie Therapeuten, Kultursprecher und alle, die ihre Argumentation mit Also hören Sie mal, Sie können doch eine Kurzgeschichte nicht mit dem Leben selbst vergleichen beginnen. Diejenigen, die erschienen, waren hingegen gute Zuhörer. Eduard Küneke entschuldigte sich mit der Ausrede, dass ja das Schreiben und das Lesen noch nie sein Fach gewesen sei. Er vertritt im Grunde die Auffassung dass eine Lesung, ja die Schriftstellerei an sich, kein Bestandteil unserer Evolutionskette ist. „Sie führt zu nichts,“ teilt Eduard brutal mit, „ein Überleben als Schriftsteller/in gelingt daher nur selten.“ Eduard Küneke ist einer der wenigen, die Charles (Charly) Darwin noch persönlich gekannt haben wollen. In seinen Erinnerungen schreibt er u.a.: Charly zeigte mir einmal einige seiner frühen (sprich: Kinder-) Zeichnungen, wobei es sich hauptsächlich um Kaninchen handelte, die entweder schwarz oder unbemalt (weiß) waren.Viele Jahre später fand ich gerade diese Zeichnungen in verschiedenen Biologie-Büchern wieder, wo sie unsere Evolution illustrierten. Eduards Erinnerungen sind, wie übrigens die meisten Erinnerungen anderer, auch noch nicht verlegt. Also: selbst Agenten haben nicht immer die richtige Lösung.
Aber zum Thema: Nach der Lesung gab es reichlich Beifall, und es ist mir klar geworden, warum und wie schnell daraus Abhängigkeit entsteht. Beifall beeinflusst das Immunsystem, weil das giftige Gemocht-werden-wollen-Hormon in die äußere (rechte) Gehirnschale vordringt. Dieses GWW-Hormon (Evolutions-Fachabkürzung) unterstützt auf die Dauer den Drang zur Eigenliebe und/oder Selbstüberschätzung. Wem es also nicht gelingt, in dieser Hinsicht Antikörper zu mobilisieren, wird schnell urteilsunfähig. Verlässt man sich auf die Vortrefflichkeit der eigenen Person, um andere Menschen zu beeindrucken, findet man sich bald im Abseits wieder. Diese warnenden Worte sollten besonders bei der Auswahl von Weihnachtsgeschenken bedacht werden. Es ist z. B. keine gute Idee, die eigenen Bücher-Restauflagen an Bedürftige zu verteilen oder Proben seines Könnens in Zahnarzt-Wartezimmern zu deponieren. Das könnte sich beim nächsten Arztbesuch rächen. Da sich aber das GWW heutzutage nicht wegdenken lässt und in diesen Tagen (Dezember) besonders aktiv ist, wünsche ich allen die Gabe, an das eigentlich Wesentliche zu denken. Siehe: die Geschichte „23. Dezember“ aus dem Buch „Eine Wintertaufe und andere Weihnachtsgeschichten“.

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