Dienstag, 23. Oktober 2012

Ivo Lutions Notiz-Blog 2. Eintrag

Fast alle Mitbürger haben irgendwann die Worte: „…und wenn ich bis nach Karlsruhe gehe!“ in den Mund genommen. Nun liegt aber die höchste Gerichtsinstanz in Karlsruhe nicht unbedingt in der Nähe, und es ist nicht ausgeschlossen, dass weitere wenige Schritte nach Santiago de Compostela nützlicher sein könnten, um für gewisse Anliegen (z.B. für beim Ehekrach verletzte Gefühle) Gehör zu finden. Heute soll einmal an diesem Platz ein Fall aufgenommen werden, der besonders schwer verhandelbar sein dürfte: Unser Kläger (Herr K., bereits bekannt) besteht nämlich auf sein im Grundgesetz zugesichertes Recht auf Unverletzbarkeit. Er verlangt Schadensersatz für einen ihm verdorbenen Nachtschlaf. Denn schon eine schlaflose Nacht kann, wie bekannt, bei gewissen Personen zu chronischen Schäden oder sogar zu Allergien führen. So wie bei Herrn K. geschehen. Seinen Fall dürften viele Betroffene wiedererkennen: Ihm wurde kurz vor dem Zubettgehen durchs Fernsehen der Schlagersatz ...Die Gefühle haben Schweigepflicht… vermittelt, mit der bitteren Folge: die Nachtruhe war ihm geraubt. Der Schlaf wollte sich auch schon deshalb nicht einstellen, weil sich außer der Melodie nur diese einzige Textzeile in seinem Hirn eingeklemmt hatte.          Die darauffolgende, schlüssige Erklärungszeile war ihm zunächst entfallen. Sich verzweifelt im Bett hin- und herwerfend versuchte Herr K. nun zunächst, sich die Folgezeilen selbst zusammenzureimen. Rationell gesehen hätte ein nicht den nächsten Satz abschließen müssen. Diese Einsicht allein brachte ihm aber nicht den erhofften Tiefschlaf. Folglich zählte er im Geiste alle eingetragenen Schweigeverpflichteten auf: Pfarrer, Politiker, Therapeuten, ArztoderApotheker, Freimaurer, Rechtsanwälte und Notare sowie Mitglieder der Mafia, und dazu fügte er die selbst auferlegten Schweigepflichten von gesetzlosen Motorradclubs und tausendjährigen Reichlern – die Liste war lang: und nun wollten auch noch die als unbedingt schweigepflichtigen „Gefühle“ gerichtlich anerkannt werden. Das musste verhindert werden, dachte Herr K. in jener schlaflosen Nacht. Und wenn ich bis nach Karlsruhe gehe! Schon dieser Satz hält jeden wach. Herr K. überlegte, ob die ausübende Sängerin, nämlich Andrea Berg (auch AB), den Text wohl selbst verzapft oder ihn irgendwo abgekupfert hatte. Also war außerdem eine wichtige Urheberrechts-Frage zu lösen! Hatte AB bei einem Besuch des Völkerkunde-Museums vielleicht den Text auf der Scherbe einer griechischen Vase gefunden, auf der Helena ihre Gefühlsqualen gegenüber Paris auszudrücken suchte? Oder war im Papierkorb des Führerbunkers das Poesie-Album von Eva Braun aufgefunden worden, wo sich der an Adolf gerichtete Text gleich auf der ersten Seite fand (und hinterher nur ein gepresstes Rosenblatt und einige von ihren eingekreisten Tränen)? Wahrscheinlich aber quälte Herr K., dem um 3 Uhr morgens endlich die Folgezeile eingefallen war: …was ich für Dich fühle zeig ich nicht, sich mittlerweile mit der Herkunft der Sängerin herum. Was wenn Andrea Berg die Genen ihres möglichen Urgroßvaters Alban Berg trug? Er stellte sich vor, wie die Ehe von Alban Berg bereits nach seinen ersten Orchesterkompositionen tragisch zerbrach, und die schwangere Frau Albans von Wien nach Krefeld – ja – flüchtete, damit das Embryo keine Schäden erlitt. Dort entwickelten sich die eher körperlosen 12-Ton-Musik-Genen Alban Bergs endlich in die richtige Richtung. Nachfahrin Andrea macht nun eher körperbetonte Musik. Unter dem Motto: Warum-soll-ich-nicht-zeigen-was-die-Natur-mir-geschenkt-hat (kurz WnZ).

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